Deutschlandsberg LTTA
Die LTTA war vom steirischen Landesverband ursprünglich in Graz angedacht, musste jedoch aufgrund eines großen Motorsportevents in Graz etwas außerhalb verlagert werden. Der geschichtsträchtige Ort Deutschlandsberg stand der Großstadt jedoch in nichts nach. Zu Beginn erfolgte ein geschichtlicher Einblick in die Historie der Steiermark durch Gabi Zemann im Namen des Steirischen Landesverbands der Gehörlosenvereine, visualisiert durch Schaubilder und PPT. Sie gab einen gebärdensprachlichen Überblick über Österreichs Geographie, ansässige Gehörlosenverbände und -vereine. Es folgten Hintergrundinformationen zur Geschichte der Steiermark und dessen Landeswappen, was die Teilnehmenden dazu anregte, die eigenen Landeswappen zu studieren. Es folgten politische Informationen zur Gründung der ersten Bildungs-, Wirtschafts- und Kulturinstitute durch Erzherzog Johann, zu Frauenwahlrecht und zur Währungsreform 1924 von der Krone zum Schilling.
Eine weitere Bildungseinheit, mit starkem Bezug zur Gehörlosenkultur war der nächste Informationsblock zur Geschichte der Zwangssterilisation Gehörloser in der NS-Zeit und zur Geschichte der Gehörlosenbildung mit der Gründung der ersten Taubstummenschulen.
Ähnlich wie in Deutschland hatten Gehörlose in Österreich wenig Zugang zu Ausbildungsberufen oder höherer Schulbildung. Zemann erzählt über die Gründung einer Nähschule nach dem ersten Weltkrieg und erklärt, Näherin und Schreiner waren lange typische Gehörlosenberufe. Sie erzählt von der langen oralistischen Ausrichtung der Schulen. Logopädie war standartmäßig in Schule inbegriffen. Zemann stellt verschiedene Schulleiter und deren gängige, zum Teil sehr gebärdensprachfeindliche Lehrmethoden vor. Anschließend berichtet sie über das Leben als Gehörlose im Internat in Graz.
Nach einem Einblick in die Steiermark heute als Naturerholungs- und Wintersportregion mit Traditionen wie dem Steirischer Herbst, einem Festival für Moderne Kunst seit 1986 und Spezialitäten wie Wein und Kürbiskernöl, erfolgt die Vorstellung der Verbandsstrukturen der Gehörlosenverbände in Österreich, die für die Anwesenden ein interessantes Modell darstellt. Insbesondere die Projekte, Schulungen (Bsp.: EDV-Kursprogramm in Gebärdensprache) und Kooperationspartnerschaften des Steirischen Landesverbands, sind bereichernde best practice Programme zur Erwachsenenbildung.
Ein weiterer Programmpunkt war eine Klärungsrunde über den internen Konflikt im Bozener GL-Verband bzw. dessen Vorstandswechsel und Rudi Sailer erklärte den daher begründeten Ortswechsel des Abschlussmeetings in Salzburg.
Für die Projektteilnehmer folgte ein Besuch der Burg Deutschlandsberg. In einer Führung eines ortsansässigen Vaters zweier Gehörloser Kinder in Gebärdensprache werden Hintergrundinformationen zu Deutschlandsbergs Geschichte und der Steiermark vermittelt. Im Anschluss erfolgte ein Besuch des Burgmuseums, dessen Ausstellung dominiert ist von archäologischen Funde von Ausgrabungen in der Steiermark und einer Ausstellung zum Jubiläum von Erzbischof Johann. Den Abschluss bildete eine Wanderung an der Klause entlang.
Am letzten Tag der LTTA wurde das neu beantragte KA2 Projekt „Aufbau der Erwachsenenbildung in Städten und Regionen – eine mitteleuropäische Perspektive“ vorgestellt. Dieses ist eine Erweiterung der geschaffenen Koalition im Alpenraum durch weitere mitteleuropäische Partnerschaften (Belgien, Slowakei, Tschechien) und die Teilnehmenden zeigten großes Interesse.
Das Projektziel der Entwicklung von Kursmaterialen zur Vereinheitlichung und Qualitätssicherung von EB-Angeboten knüpft direkt an das laufende Projekt an. Als innovative Ideen hierfür ergaben sich in der Diskussion die HAW Landshut als Kooperationspartner die durch Forschungsarbeiten zum Themawissenschaftliche Argumentationsgrundlagen bieten kann. Außerdem die Gemeinsame Entwicklung von Kurskonzepten durch Sprachtandems.
Meeting
Die Projektpartner schlagen vor, die Homepage des Projekts zu einer Bildungsplattform für die Interessenten an einer Ausbildung in Bereich Stadtführungen auszuarbeiten und zu erweitern. Auf dieser Seite sollen Videos zu verschiedenen Thematiken zur Verfügung gestellt werden, die den Zuschauer*innen Informationen über Geschichte, Kultur und Politik in Gebärdensprache vermitteln. Diese Videos können ein niedrigschwelliges Angebot für alle Personen in der Gebärdensprachgemeinschaft sein, um sich in der eigenen Muttersprache kulturelles und geschichtliches Wissen anzueignen. Die Verbreitung von Bildungsmaterial auf diesem Weg ist optimal angepasst an die Visualität und Bedürfnisse gehörloser Menschen. Vorbildhaft können diese Videos sowohl zeigen, wie beispielsweise die Erklärung zu einem historischen Detail ideal und anschaulich in Gebärdensprache dargestellt werden kann. Außerdem werden Begrifflichkeiten zu oben genannten Thematiken, aber auch zu den Kernthemen des Projekts, wie Politik und Europa gefilmt und auf der Homepage zur Verfügung gestellt. Diese Videos tragen damit zur Vereinheitlichung von Fachgebärden im deutschen Sprachraum bei. Des Weiteren wurde bereits vor dem Meeting in Deutschlandsberg in erneuter Kooperation mit unserem indirekten Partner, der HAW Landshut, über weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit gesprochen. Diese Lernvideos tragen auch hierzu bei, da sie als qualitativ hochwertiges und vielfältiges Übungsmaterial den Studierenden der HAW Landshut zur Verfügung gestellt werden können. Da der Studiengang Gebärdensprachdolmetschen noch sehr jung ist, fehlt es häufig an Videomaterial für Dolmetsch-Übungen, besonders mit verschiedenen Gebärdensprachlern und zu verschiedenen Fachbereichen. Somit kann eine weitere Schnittstelle zum Projekt geschaffen werden. Da es bis zum Schluss des Projekts aufgrund des Zeitmangels nicht möglich ist, gemeinsam mit den Partnern vor Ort eine umfangreiche Videosammlung zu erstellen, werden die Projektpartner bis zum Projektschluss selbstständig weitere Lernvideos produzieren, die eine Grundlage für diese Online-Plattform bilden.
Des Weiteren standen bei diesem Meeting die Projektreflexion und das Monitoring der
Partneraktivitäten im Fokus. Neben einer offenen Feedback- und Befindlichkeitsrunde, bei der die Vertreter*innen ihre jeweiligen Rückmeldungen und Anregungen kundtaten, wurde ein Fragenkatalog ausgehändigt. Dieser wurde vorab durch den Projektkoordinator und die Assistenz entwickelt, mit dem Ziel, die Verbreitungsaktivitäten und geplanten Aktionen der Partner zu ermitteln. Die jeweiligen Antworten und Ergebnisse sollen in den Partnereinrichtungen gesammelt und schriftlich oder gebärdensprachlich bis zum Abschlussmeeting eingereicht werden. Rudi Sailer stelle anschließend Beispiele vor, wie man Öffentlichkeitsarbeit auch auf politischer Ebene betreiben kann, um für die Belange Gehörloser längerfristig eine Lobby zu schaffen.